Diagnose: Atopisches Ekzem (Neurodermitis)

Ein gestohlenes Jahr meines Lebens.

Atopisches Ekzem (Neurodermitis) ist grundsätzlich nicht wirklich lebensbedrohlich.

Es ist mehr oder weniger eine dieser Hautkrankheiten, die lästig sind und davon abhängen, wie sehr man davon betroffen ist. Es kann den Lebensstil auf einen Punkt bringen, an dem man das Gefühl hat, dass man nicht mehr die Kraft hat, dagegen zu kämpfen. Das Leben geht weiter und verändert sich ständig. Und wenn man hartnäckig genug bist, wird man aus diesem schwarzen Loch herauskommen, in dem man sich gefangen fühlt.

Was ist Atopisches Ekzem?

Es ist wohl die individuellste Hautkrankheit aller Zeiten. Sie beginnt sehr oft in der frühen Kindheit und verschwindet im Erwachsenenalter. In einigen Fällen sind auch Erwachsene von chronisch trockener Haut betroffen. Am häufigsten sind gereizte Stellen an den Ellbogen und und in den Kniekehlen. Es kann aber auch den ganzen Körper betreffen.

Meistens kann es leicht mit Kortison-Tabletten oder Cremes behandelt werden. Wenn man Glück hat, hilft es beim ersten Versuch und man kann symptomfrei über einen langen Zeitraum leben. Mein längste symptomfreie Zeit war fast 20 Jahre.

Die Krankheit als solches, ist nicht vollständig verstanden, aber inzwischen haben Forscher herausgefunden, dass sie mit unserem Immunsystem verbunden ist. Einige Gene scheinen Mutationen aufzuweisen, die unser Immunsystem beeinflussen. Als Ergebnis reagiert das Immunsystem über und verursacht diese schmerzhaften Ausschläge.

Meine Leidenszeit begann wieder Mitte 2013. Nach 20 Jahren mit nur wenigen Aufflackern im Jahr, die mit Cremes behandelt wurden, wie man sie in der nächsten Apotheke rezeptfrei kaufen kann, oder mit einer kurzen Einnahmezeit von Kortison-Tabletten, die einem der Arzt verschreiben muß.

Nun kamen diese Episoden häufiger und wurden in den folgenden Monaten mit einer Lichttherapie behandelt. Es half im ersten und auch im zweiten Jahr, mich jeweils über den Winter zu bringen. Im Sommer fühlte ich mich meist gut. Im August 2016 flammte es jedoch in einem Ausmaß auf, das ich vorher nicht kannte. Meine Haut trocknete so schnell aus und wurde ständig erneuert. Es sah aus wie ein Sonnenbrand und schälte sich ständig. Wenn ich morgens aufwachte, sah mein Bett aus wie ein Sandkasten. Ich konnte gar nicht so viel cremen, um eine Erleichterung vom Juckreiz zu haben, der damit einherging.

Da ich bereits an einer leichten Osteoporose litt, beschlossen sie, mich von nun an mit Immunsuppressiva zu behandeln.

Zu diesem Zeitpunkt hatte ich nicht mehr als 3 oder 4 Stunden Schlaf pro Nacht. Ich habe das regelmäßig erwähnt, aber niemand war wirklich daran interessiert.

Ich habe diese Art von Medizin nie erhalten. Ich vertraute meinen Ärzten. Sie haben Medizin studiert, nicht ich. Im November 2016 bereiteten sie mich auf diese Therapie vor und fanden während dieses Prozesses heraus, dass ich an latenter Tuberkulose leide.

Aus meiner Familiengeschichte wusste ich, dass mein Vater Anfang der 70er Jahre Tuberkulose hatte. Die Familie (meine Mutter, mein Bruder und ich) wurde mit den damals verfügbaren Medikamenten behandelt, die ein Leben lang gültig sein sollte.

Um jedoch auf der sicheren Seite zu sein, wurde ich an den Spezialisten verwiesen, der eine Behandlung mit Isoniazid dringend empfahl. Das günstigste Medikament auf dem Markt.

2 Monate vor Beginn dieser Behandlung haben die Fachärzte in der Dermatologie begonnen, meine Hautkrankheit mit Methotrexat bei einer wöchentlichen Dosis von 15 mg zu behandeln.

mögliche Nebenwirkungen:

„Eine sehr schwere allergische Reaktion auf dieses Medikament ist selten. Kontaktieren Sie jedoch sofort einen Arzt, wenn Sie Symptome einer schweren allergischen Reaktion bemerken, einschließlich: Ausschlag, Juckreiz/Schwellung (besonders im Gesicht / Zunge / Hals), schwerer Schwindel, Atembeschwerden.“

Nebenwirkungen ? Ich und Nebenwirkungen? Ich hatte in der Vergangenheit noch nie irgendwelche Probleme und so werde ich auch keine mit diesen Medikamenten haben. Das war mein naiver Glaube.

Ich hätte nie geglaubt, dass Nebenwirkungen schlimmer sein können als die eigentliche Krankheit.

Das Ergebnis nach einigen Monaten oder so war verheerend:

Mein Hautzustand verschlechterte sich, ich litt unter Angstzuständen. Ich konnte etwa 3 Wochen oder so nicht arbeiten und sagte den Ärzten, Isoniazid sei vielleicht nicht die beste Behandlung für mich. Ich ertrage es nicht, neun Monate lang an Angstzuständen zu leiden. Ich hatte nie im Sinn, dass der schlechtere Hautzustand mit Methotrexat in Verbindung gebracht werden könnte.

So wurde Isoniazid durch Rifampicin ersetzt. Eine kürzere Behandlung für 4 Monate und ich konnte nicht glauben, dass es schlimmer werden kann. Gott sei Dank verschwanden die Angstzustände, nachdem Isoniazid abgesetzt war. Aber auch in meinem Schlafverhalten war niemand interessiert. Als ich es erwähnte, wurde ich auf zusätzliche Medikamente wie Telfast oder Phenergan hingewiesen.

Beide reduzieren den Juckreiz, hatten aber keinen Einfluss auf mein Schlafverhalten. Ich schlief bis 1 oder 2 Uhr morgens und dann begann die Odyssee: eine halbe Stunde hier, 15 Minuten dort. Am Ende hatte ich insgesamt 3-5 Stunden, je nachdem, wie erschöpft ich war. Aber frisch und gut geschlafen? Fehlanzeige!

Aber ich war guten Mutes und ging jeden Tag wieder an meinen Arbeitsplatz.

Die Kombination Rifampicin und Methotrexat hat meinen Hautzustand verschlechtert. Ich konnte nicht glauben, dass es schlimmer werden kann, aber genau das passierte. Von da an konnte ich nicht mehr arbeiten und war etwa 3 Monate krank.

Nebenwirkungen Rifampicin, neben einer schier endlosen Liste von anderen:

– Juckreiz, Hautausschlag oder Rötung der Haut

Ab einem bestimmten Punkt bot mir der Arzt an, mich ins Krankenhaus einzuweisen, um die Haut unter Kontrolle zu bringen. Aufgrund des Schweregrades wurde Methotrexat durch Neoral (Cyclosporin) 300 mg ersetzt. Zu diesem Zeitpunkt betrug mein Gewicht 64 kg.

Ich habe oft stundenlang vor Schmerzen geweint, aber im Krankenhaus zu bleiben, war für mich keine Option. Ich glaubte fest daran, wenn Rifampicin abgesetzt ist, dann wird alles gut.

Ende Juli war der Tag meiner letzten Einnahme von Rifampicin gekommen. Juhu!!!!!!! Jetzt kommt die Zeit, wo es aufwärts geht, anstatt in einem tiefen Loch zu sein. Und mein Hautzustand war fast gut. Ich habe Anfang August wieder angefangen zu arbeiten. Ich fühlte mich gut.

Gleichzeitig entschieden sich die Ärzte in der dermatologische Klinik, die Dosis von Cyclosporin zu halbieren. Die Absicht war gut, da die Nieren bei längerem Gebrauch beeinträchtigt werden können. Ich konnte nicht absehen, wie fatal diese Entscheidung sein würde. Der nächste Folgetermin in der Dermatologie war in 3 Monaten vorgesehen.

In den nächsten 10 Wochen oder so verschlechterte sich mein Hautzustand jeden Tag. Und ab Mitte Oktober 2017 war ich wieder im Krankenstand. Anfang November wurde Cyclosporin wieder auf 300 mg eingestellt. Nichts hat sich geändert. Auch unter der hohen Dosis wurde meine Haut nur sehr langsam besser. Ab Dezember genehmigte die Versicherung eine begrenzte Invalidität, die es mir erlaubte, zu Hause zu bleiben und eine geeignete Behandlung zu finden.

Ende Februar 2018 war meine Haut nicht gut, aber besser, nur die Blutwerte zeigten bereits, dass meine Nieren durch den Einsatz von Cyclosporin beeinträchtigt sind.

Ich werde nie den Termin vergessen, an dem mir der Arzt gesagt hat:

„Wir werden dir noch 4 Wochen geben, bevor wir das Medikament wechseln müssen.“

Ich konnte nicht glauben, dass es zurück zu Methotrexat geht und dieses Mal mit 20 mg. Aber ab Anfang April musste ich diesem Plan folgen. Nach 2 Wochen auf Methotrexat flammten meine Hände auf der Innenseite extrem auf, so dass ich nicht in der Lage war, etwas zu essen vorzubereiten oder mein Auto zu fahren. Ich war auf die helfende Hand meines Sohnes angewiesen. Mein Hausarzt machte einen Notfall-Termin mit der dermatologischen Klinik, aber als ich diesen Termin wahrnahme, waren meine Hände wieder gut. Ich zeigte ihnen die Bilder, wie meine Hände aussahen, aber es schien nicht von Interesse zu sein. Ich sagte ihnen auch, dass ich nach der Einnahme des Medikaments 2 Tage nicht in der Lage bin, etwas zu tun. Ich konnte keine Besorgungen machen, ich konnte keinen Spaziergang machen. Ich war schwach. Ich konnte die ersten 2 Tage nichts essen. Sie brachten es nur in Bezug auf Übelkeit, aber das war nicht der Fall. Es ist schwer, seine Probleme zu erklären, wenn man das Gefühl hat, dass es keinen Menschen interessiert. Methotrexat ist das billigste Medikament, es kann bei schwerer Neurodermitis helfen und muss daher helfen. Es wir nicht einmal berücksichtigt, dass all dies eventuell mit den Nebenwirkungen von Methotrexat zusammenhängen könnte.

Ich wollte nicht akzeptieren, so hilflos zu sein, und so suchte ich nach anderen Möglichkeiten, mir und meiner Haut zu helfen. Ich habe meine Tagescreme auf Kokosöl umgestellt. Es war eine gute Entscheidung. Kokosöl reduziert den Juckreiz. Jedoch alle anderen Cremes, die ich benötigte und die vom Arzt verschrieben wurden, wurden in der Stärke erhöht, hatten aber kaum Auswirkung auf meine Haut.

Und ich habe meine Ernährung geändert. Ich ließ Weizen, Milch und Zucker weg und dachte, es könnte zumindest ein wenig Erleichterung bringen. Nach 12 Wochen konnte ich nicht die geringste Veränderung bemerken. Ich hatte 6 kg abgenommen und war jetzt auf 58 kg, aber meine Haut war immer noch extrem schlecht. Meine Hände flammten alle 4 Wochen in fast gleicher Intensität auf. Kaum dachte ich, ich könnte ein paar Dinge mehr tun, fing ich wieder von vorne an. Ich erwähnte das noch einmal gegenüber dem Dermatologen, aber es wurde einfach ignoriert. Meine Woche sah wie folgt aus:

Montag: schlecht

Dienstag: schlecht, Methotrexat

Mittwoch: schlecht, kann kaum essen, kann keine Aktivitäten ausüben, Haut etwas besser

Donnerstag: besser

Freitag: besser

Samstag: etwas schlechter

Sonntag: schlechter

Nach 5 Monaten, die ich mit Methotrexat gequält wurde, beschlossen sie, die Behandlung auf Azathioprin zu ändern. Ein Licht am Ende des Tunnels.

Ich las den Beipackzettel und dachte: Es kann nur besser werden. Die Hoffnung stirbt zuletzt.

Ab Tag 4 litt ich an schwerer Übelkeit und Durchfall. Ich habe in 5 Tagen 5 kg abgenommen. Mit 53 kg geriet ich in Panik und stoppte die Behandlung in Absprache mit meinem Hausarzt. Mein Hausarzt schickte einen Brief (!!!!!! keine E-Mail!, nein, einen Brief) an die Ärzte in der Klinik, da er keinen anderen Zugang zu den Spezialisten hat. Mein nächster Termin in der dermatologischen Klinik war für 3 Wochen später anberaumt. Ich habe nicht um einen Notfall-Termin gebeten, weil ich weiß, was es für ein Problem für meinen Hausarzt ist, eine Ausnahme zu bekommen. Er muss einen Brief schreiben.

Am Anfang dachte ich, dass die Hausärzte mit den Krankenhäusern verbunden sind, um mindestens eine zweite Meinung einholen zu können oder in Notfällen geeignete Absprachen zu treffen. Das scheint nicht der Fall zu sein. Es funktioniert auf die altmodische Weise. Einen Brief schreiben und mit der Post schicken. Willkommen im Jahr 2018.

Also wartete ich geduldig auf meinen Termin Anfang November. Diesmal hatte ich definitiv keine Erwartungen. Ich war einfach verzweifelt. Die Versicherung hatte mir in der Zwischenzeit gesagt, dass ich arbeitsfähig bin und sie nicht mehr bezahlen werden. Meine Ersparnisse waren alle weg und so benutzte ich meine letzten verfügbaren Aktien, um zumindest über die nächsten Wochen zu kommen.

Aber diesmal hatte ich Glück!

Sie sagten mir, dass meine Neurodermitis wirklich schwer zu kontrollieren ist. Aber wir bringen Sie wieder auf den richtigen Weg. Das versprechen wir. (Wie oft haben sie mir diesen Satz in den letzten 15 Monaten erzählt?)

Ich habe ein Rezept und ein Merkblatt für Cellcept bekommen. Ich hatte keine Ahnung, was es ist. Es ist definitiv ein Immunsuppressivum, das fast wie Azathioprin wirkt.

Und ich dachte: Danke…….. Ich kann es mir nicht leisten, weitere 5 kg zu verlieren.

Es stellte sich heraus, dass dieses Medikament genau das ist, was ich brauche. Es beseitigt 99% des Juckreizes. Da ist bereits die Hälfte erledigt. Wenn ich keine weiteren unvorhergesehenen Nebenwirkungen erleide, ist es ein Last-Minute-Tor in der 92. Minute der Verlängerung.

Die gesamten letzten 15 Monate hätten verkürzt werden können, wenn Methotrexat rechtzeitig abgesetzt worden wäre. In meinen Augen gibt es keinen Grund, jemanden so lange zu quälen, nur weil es das billigste verfügbare Medikament ist.

Wie auch immer, ich bin nach einer schieren Odyssee wieder bei der Arbeit und ich lebe.

Vielen Dank an alle, die mir geholfen haben, dieses fast dunkelste Kapitel meines Lebens zu überstehen.